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Tom: «Sonja, Dein Mikrofon ist noch auf Mute»
Sonja: «………..»
Tom: «Sonja, wir hören Dich nicht!»
Kathrin: «Seht Ihr mich? Ich sehe nur Katja…»
Yael: «Ich sehe alle»
Cornelia: «Ich auch»
Oliver: «Meine Verbindung ist echt sch….!»
Sonja: «Hört Ihr mich jetzt?»
Werner: «Tipptopp»
Martina: «Ich habe in einer halben Stunde ein Telefongespräch, können wir beginnen?»
Daniel: «Muss kurz dem Pöstler aufmachen gehen, sorry»
Vanessa: «Das Weisse ist meine Katze, die will immer auf den Schreibtisch rauf»
Dajana: «Bei mir zeigt es oben so ein rotes Zeichen an, was ist das?»
Oliver: «Verbindungsstärke ist schlecht!»
Anja: «Immer noch Deine?»
Oliver: «Nein, die von Dajana»
Kathrin: «Jetzt sehe ich alle!»
Katja: «Der, der im Hintergrund turnt ist übrigens mein Neffe»
Sonja: «Mami, wer sind die Leute auf dem Computer?»

Etwa so haben wir die ersten Teamsitzungen im Videochat erlebt. Wie viele andere mussten auch wir uns im März neu organisieren, uns technisch aufrüsten und uns mit den neuen Kommunikationsformen vom Homeoffice aus arrangieren.

Und, wir mussten uns gleichzeitig um unsere Kinder und Angehörigen kümmern und Homeschooling betreiben. Das hat uns zusätzlich gefordert.

Wir freuen uns natürlich auf die Zeit, wenn wir uns wieder in Echt mit allen Kolleginnen und Kollegen austauschen und besprechen können. In der Zwischenzeit versuchen wir, die aufgrund der nun geltenden digitalen Kommunikationsformen fehlenden Zwischentöne durch Alternativen auszugleichen. Dazu gehören gemeinsame Online-Pausen und sogar kleine Geburtstagsfeiern.

Wie gehen unsere Teilnehmenden und Partner mit den speziellen Herausforderungen aufgrund der Corona Massnahmen um?

Auch für die von uns begleiteten Lernenden, die Ausbildungsbetriebe, die Partner wie die Schule für Förderkurse, die Berufsfachschulen, Therapeuten und sonstige Fachpersonen standen vor grossen Herausforderungen.

Wir können alle unsere Aufträge weiterführen und haben im Gegensatz zu anderen Branchen mehr zu tun als vorher. Wir führen Erstgespräche, Workshops, Coachinggespräche, Besprechungen, Sitzungen und Liniengespräche nun auch per Video durch.

Dass nicht alles immer reibungslos verlief, versteht sich von selbst. Gleichzeitig staune ich im Nachhinein, wie schnell und flexibel sich die Meisten mit den neuen Voraussetzungen zurechtfanden.

BB+ begleitet sehr viele Jugendliche mit psychischen und kognitiven Beeinträchtigungen.

Gerade Lernende mit beispielsweise einer ADHS Symptomatik haben oft Schwierigkeiten bei der Selbstorganisation und benötigen nahe Bezugspersonen. Die Berufsschulen stellten nach einer Weile auf Online-Unterricht um. Einige Teilnehmenden fehlte der geführte Klassenunterricht und sie waren organisatorisch stark gefordert. Zur richtigen Zeit mit der richtigen Technik und den korrekten Logindaten am Unterricht oder an den Stützkursen teilzunehmen oder die Bereitschaft für ein Video-Coaching zu entwickeln, war und ist für einige Teilnehmenden eine grosse Herausforderung. Manche haben Angst um den Fortbestand des Lehrverhältnisses, weil der Lehrbetrieb beispielsweise Kurzarbeit einführte. Andere schätzen, dass sie im Lehrbetrieb mehr eingebunden werden und mehr Verantwortung übernehmen müssen, weil Kollegen oder Kolleginnen fehlen.

Mehr Anfragen für Begleitungen im laufenden Schuljahr

Berufsbildung+ unterstützt Jugendliche beim Finden eines geeigneten Ausbildungsplatzes (Lehrstellenmatching), begleitet sie und die Lehrbetriebe während der beruflichen Grundbildung (Supported Education) und hilft Berufsleuten beim (Wieder-) Einstieg in eine Festanstellung (Supported Employment).

Berufsbildung+ ist mit 88 Jugendlichen und jungen Erwachsenen ins Schuljahr 19/20 gestartet, das sind (wie auch schon zu Beginn des Schuljahres 18/19) erneut neun Lernende mehr als noch vor einem Jahr.

Auffällig waren im letzten Schuljahr die zahlreichen Anmeldungen für Ausbildungsbegleitungen während dem laufenden Schuljahr. Im Vergleich zum Vorjahr (9) bekamen wir mehr als doppelt so viele Anfragen (19). In den meisten Fällen war die Fortsetzung einer Lehre aufgrund von Konflikten oder Überforderungen der Lernenden gefährdet.

Diese Fälle sind für uns besonders anspruchsvoll. Wir organisieren schnellstmöglich ein Erstgespräch mit den Lernenden, nehmen Kontakt mit dem Ausbildungsbetrieb und weiteren Beteiligten auf und versuchen uns ein Bild der Situation und der Problemstellung zu machen. Besonders herausfordernd ist, dass uns die Beteiligten noch nicht kennen. Dies bedingt eine schnelle, transparente und manchmal auch pragmatische Vorgehensweise und eine gleichzeitig behutsame und klare Kommunikation mit allen Beteiligen, was zu Beginn sehr ressourcenintensiv ist. Es freut uns besonders, wenn dieser Einsatz gelingt und die Lernenden im bestehenden oder einem neuen Ausbildungsbetrieb ihre Lehre fortsetzen können.

Einblick ins Jobcoaching

Jobcoaching (Supported Employment) ist auch Casemanagement

BB+ verfügt über 6-8 Plätze für das Jobcoaching. Es freut uns sehr, dass im Schuljahr 2019/20 fünf junge Erwachsene mit unserer Unterstützung eine feste Anstellung erhielten und die Probezeit erfolgreich gemeistert haben.

Die jungen Erwachsenen, die wir im Jobcoaching begleiten, benötigen aufgrund ihrer Situation zumindest zu Beginn der Zusammenarbeit mehr Begleitung als Jugendliche in der Ausbildungsbegleitung. Sie verfügen meistens noch nicht über eine Tagesstruktur. Sie haben keine Bezugspersonen wie Ausbildner, Berufsschullehrer*innen oder Therapeutinnen. Der Coach von BB+ ist oft die einzige Ansprechperson für berufliche aber auch private Themen. Casemanagement hat im Jobcoaching somit eine deutlich stärkere Gewichtung als in den weiteren Angeboten von BB+. Private Themen wie Wohnen, Finanzen, Freizeitgestaltung, Gesundheit usw. haben grossen Einfluss auf den Erfolg beim Finden einer Festanstellung.

Haben Teilnehmende des Jobcoachings beispielsweise Schulden, kann das ganze System in eine gefährliche Schieflage geraten. Ein konkretes Beispiel dazu: Einer Teilnehmerin wird aufgrund der Schulden das Handyabo gekündigt. Der Austausch mit dem Coach wird erschwert bis unmöglich. Die Teilnehmerin ist dann auch nicht mehr für potentielle Arbeitgeber erreichbar, und die Integrationsversuche verzögern sich. Oder es fehlt das Geld für ein Zugbillett, sie verpasst Termine oder fährt schwarz, was den Schuldenberg weiter anwachsen lässt und zur negativen Dynamik im Teufelskreis beiträgt.

Oft sind Themen wie Schulden auch mit Scham behaftet. Manche junge Erwachsene informieren ihren Coach nicht oder nicht rechtzeitig darüber, weil es ihnen unangenehm ist. Umso wichtiger ist es, schnell und gleichzeitig behutsam eine offene, vertrauensvolle und verlässliche Beziehung aufzubauen, damit auch unangenehme Themen und Schwierigkeiten offen angesprochen werden können und gemeinsam nach Lösungen gesucht werden kann. Es freut mich sehr, dass dies den Coaches von BB+ in den allermeisten Fällen sehr gut gelingt.

Neue Infovideos sind Online

Neben einem Infovideo für das Lehrstellenmatching produzierte BB+ weitere Infovideos zur Ausbildungsbegleitung (Wie arbeiten wir zusammen? Und Was machen wir?) und zu den Stütz – und Förderkursen (Was bringts? Und Wie funktioniert’s?).In einem weiteren Video geben ehemalige Jugendliche von BB+ Tipps für die Lehre

Dieses Jahr hat uns stark gefordert. Ich bedanke mich bei meinem grossartigen, flexiblen und dynamischen Team, das sich trotz der vielfältigen und neuen Herausforderungen mit unverändertem Elan und Herzblut für die uns anvertrauten Jugendlichen und jungen Erwachsenen einsetzt. Das ist nicht selbstverständlich!

Vielen Dank auch allen Mitbeteiligten, den Auftraggebenden, den Lehrkräften der Berufsschulen, den Ausbildungsbetrieben und nicht zuletzt der Schule für Förderkurse, welche in Windeseile die Voraussetzungen für Online-Teaching umgesetzt hat. Herzlichen Dank!

Tom Hofmann, Abteilungsleiter Berufsbildung+

Ausbildungsbetriebe